Die OOP 2020 in München

Vom 03. bis zum 07. Februar fand in München zum bereits 29ten Male die OOP statt, eine jährlich von SIGS DATACOM organisierte Fachtagung für Software-Architektur. Unter dem Motto business meets software fanden sich gut 2400 Teilnehmer an der Messe in München ein, um in regen Austausch zu treten und sich fortzubilden. Insgesamt wurden 170 Vorträge in 13 Tracks angeboten, darunter waren viele hochkarätige Sprecher aus relevanten Bereichen der IT. Zusammen mit einer Messe mit knapp 70 Ausstellern ist die OOP damit eine der größten unabhängigen Fachkonferenzen für Software Architektur in Europa.

Von daher war es uns eine große Freude, im Rahmen des Tracks Modern Architecture – Known & Unknown auf der OOP 2020 eine Nachtschule geben zu dürfen, in der wir vor fast vollem Raume mit interessierten Teilnehmern über ein uns sehr am Herz liegendes Thema diskutieren konnten: Systemtheorie und Softwarearchitektur – Auf der Suche nach unbekannten Kontexten. Trotz bahnbedingt etwas holpriger Anreise nach München hatten wir vorher aber glücklicher Weise noch etwas Zeit, selbst noch ein paar sehr gute Vorträge zu hören. Für uns als Sprecher war am Freitag dann auch die Teilnahme an den Workshops frei. 😉
 

Keynote von Hannah Fry

Hannah Fry ist Professorin am University College London und beschäftigt sich als Mathematikern mit sozialen Fragestellungen. In der Keynote ging sie auf amüsante Art und Weise der Fragestellung nach, wie vertrauensürdig maschinelle Lernalgorithmen sind. Vom Anlernen von Tauben zur Melanomerkennung bis hin zu Algorithmen, die rosa Schafe als Blumen erkennen diskutierte sie die Glaubwürdigkeit maschinell angelernter Algorithmen. Auch auf moralische Fragestellungen und Probleme bei der Erkennung terroristischer Aktivitäten ging sie dabei ein, immer wieder unter Einbeziehung des Auditoriums. So diskutierte sie beispielsweise Vor- und Nachteile von Algorithmen beim Fällen von Gerichtsurteilen, oder suchte mit ihrem Publikum nach dem richtigen Wort um Menschen von Maschinen zu unterscheiden. Genaueres kann man auch in Frys zahlreichen Büchern nachlesen, unter anderem Hello World – Being Humanin the Age of Algorithms.
 

Session von Gunter Dueck

Gunter Dueck aka Wild Dueck (@wilddueck) zuzuhören, ist immer ein Erlebnis und seit langem ist er fest im Programm der OOP verankert. Er sprach über Lähmungen im Angesicht des Unbekannten, von Digitalisierung und der McDonaldisierung des Alten. Den Fat Smoker nahm er als Sinnbild für den Zustand in größeren Unternehmen: Man weiß, woran es krankt, weiß was man tun muß um zu gesunden und dennoch geht es weiter wie gehabt. Dueck erzählte dabei auf gewohnt amüsante Weise Anekdoten aus seinem privaten und seinem Arbeitsleben, um zu motivieren: Es geht um Lernen, Üben und Explorieren, nicht um Erreichen und Messen. Thematisiert wird diese kulturelle Umstand auch in seinem neuen Buch Heute schon einen Prozess optimiert?: Das Management frisst seine Mitarbeiter.
 

Nachtschule von uns 😉

Abends um 18:30h durften wir dann unsere Nachtschule halten. Trotz der fortgeschrittenen Zeit und nach einem für einige Teilnehmer doch schon sehr langen Tagungstag, waren recht viele und erfreulicherweise sehr diskussionsfreudige Teilnehmer erschienen. Es gab während unserer Präsentation als auch im Nachgang viele gute Kommentare, Nachfragen und auch Anregungen, so, dass wir erst weit nach dem offiziellen Ende der Nachtschule das Tagungsgebäude verlassen haben. Das Interesse, doch recht schwierige Themen wie Konstruktivismus und Systemtheorie nach Niklas Luhmann mit Softwareentwicklung und -architektur zu verbinden, freut uns sehr. Es bestätigt uns auch in unserer Überzeugung, dass dies wichtige Themen sind. Hier noch einmal vielen herzlichen Dank an alle, die sich die Zeit genommen haben so ausführlich mit uns zu sprechen! Wer ein bisschen was dazu lesen möchte, darf sich gerne noch unseren Artikel in der Informatik Aktuell zu Gemüte führen, oder auch eine Aufnahme eines ähnlichen Vortrags von uns auf der JUG Karlsruhe im Dezember 2019 ansehen.

Der Freitag war vertiefenden Workshops gewidmet.
 

Workshop Dave Farley

Dave Farley von Continuous Delivery Ltd. gab einen Ganztagesworkshop zum Thema Continuous Delivery Advanced Deployment Pipelines. Als Mitautor des Buches Continuous Delivery: Reliable Software Releases Through Build, Test, and Deployment Automation berichtete er ausgiebig aus seinem großen Erfahrungsfundus. Der Workshop bot zwar keine Hands-on Übungen am Rechner an, war aber geprägt von ausführlichen und sehr tief gehenden Diskussionen, in denen Farley die Vorteile und Notwendigkeiten der Continuous Delivery Philosophie herausstellte. Als ehemaliger Mitarbeiter von Thoughtworks verwies er auch immer wieder auf die Studien von Accelerate worin Vorteile der DevOps-Kultur und Continous Delivery auch wissenschaftlich strikt untermauert sind (aus unserer Sicht eine klare Leseempfehlung!). Farley betonte immer wieder, dass aus seiner Sicht die zwei schwierigsten Probleme der Informatik Nebenläufigkeit (Concurrency) und Kopplung (Coupling) seien; mit CD werde das Zweite adressiert.
Als Ingenieur ist es essentiell schnell zu lernen, ob die gewählten Ansätze tragen. Dazu dienen kurze Feedbackzyklen, die Ideen der CD sind hierbei die Grundphilosophie, die entstehenden Pipelines die Werkzeuge (weshalb konkrete Tools auch nur am Rande besprochen wurden). Schnelle Pipelines und kurze Wege in die Produktion können die Schlüsselelemente erfolgreicher Projekte mit gesunden Mitarbeitern sein. Eine schöne Empfehlung zur Motivation der testgetriebenen Entwicklung ist das Tutorial dazu von J. B. Rainsberger (@jbrains) namens TDD Done Right.
 

 
Alles in allem waren es zwei sehr gelungene, wenn auch anstrengende Tage in München. Gerne kommen wir 2020 wieder, wenn sich die OOP zum 30ten Male jährt. 😉